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A 43 I Kurmainzische Regierung zu Erfurt, 1282-1850 (Bestand)[Location: Wernigerode]
Identifikation |
Signatur: | A 43 I |
Benutzungsort: | Wernigerode |
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Form-/Inhaltsangaben |
Titel: | Kurmainzische Regierung zu Erfurt |
Laufzeit/Datum (detailliert): | (1282) 1351 - 1850 |
Laufmeter: | 16.30 |
Findhilfsmittel: | Findbuch von 2005/06 (online recherchierbar) |
Registraturbildner: | Die Hoheitsrechte des Mainzer Erzbischofs über die Stadt Erfurt und insbesondere über deren zumeist erst später erworbenen Landbesitz waren während des ganzen Mittelalters unklar und häufig umstritten. Doch versah der mainzische Vitztum als Träger der Verwaltung und später auch als Inhaber der landesherrlichen Gerichtsbarkeit in Erfurt sein Amt bis ins 17. Jahrhundert hinein. Neben ihm spielte der auch Prokurator genannte Küchenmeister als Verwalter des dem Mainzer Hof in Erfurt unterstellten umfangreichen Allodialbesitzes eine wichtige Rolle. Er bewirtschaftete den erzbischöflichen Besitz, zog die landesherrlichen Steuern und Gefälle ein und übte die Hoheitsrechte gegenüber den sogeannten Küchendörfern Witterda, Hochheim, Daberstedt und Melchendorf aus. Er war dem Erzbischof unmittelbar unterstellt.
Nach der vollen Herstellung der Mainzer Landeshoheit über Stadt und Gebiet Erfurt im Jahr 1664 wurde die Einrichtung einer obersten landesherrlichen Verwaltungs- und Gerichtsbehörde für diesen Bereich möglich. Dabei knüpfte man an die bisherige Organisation an und ordnete dem Vitztum fünf evangelische und zwei katholische Räte als Vitztumamt bei. 1675 erhielt das Kollegium die Bezeichnung Regierung. Diese kollegialisch organisierte Behörde übte alle Verwaltungs- und Polizeifunktionen mit Ausnahme der Finanzverwaltung aus und hatte die Aufsicht über alle Gerichte (auch diejenigen der Ämter), die Universität, Stiftungen, Spitäler, Armen- und Zuchthäuser. Als Gericht war sie zuständig in erster Instanz für die höheren Beamten, Schriftsassen und Eximierten sowie bei Klagen gegen landesherrliche Behörden. In zweiter Instanz gingen an die Regierung alle Appellationen von Untergerichten, bei denen der Prozesswert unter der für die Appellationen an das Hofgericht in Mainz festgesetzten Summe blieb. Im Allgemeinen war die Regierung dem kurfürstlichen Hofrat (Regierung) in Mainz unterstellt. Doch wurden die Erfurter Regierungsprotokolle seit der Mitte des 18. Jahrhunderts dem Kurfürsten unmittelbar zur Genehmigung vorgelegt. Ausführliche Instruktionen von 1675 und 1763 regelten die Tätigkeit der Behörde im Einzelnen. Sie war gemeinsam mit anderen Behörden an zahlreichen Kommissionen für Spezialaufgaben (Akzisekommission, Forstkommission, Chausseekommission etc.) beteiligt.
Die Besitzergreifung Erfurts durch Preußen im August 1802 hatte die Auflösung der bisherigen Behörden zur Folge. Zunächst blieb die Regierung noch als Interimsbehörde bestehen. Am 1. Juni 1803 gab sie aber ihre Gerichtsbefugnisse an die neu errichtete Reigerung in Heiligenstadt ab, die bereits Ende Juni 1804 nach Erfurt zurückverlegt wurde. Alle Verwaltungsaufgaben übernahm zunächst die preußische Organisationskommission unter dem Namen einer Finanz- und Polizeikommission, die am 1. November 1803 durch die Eichsfeld-Erfurtische Kriegs- und Domänenkammer zu Heiligenstadt abgelöst wurde. Die preußische Kriegs- und Domänenkammer zu Heiligenstadt bestand dann bis zum Beginn des Jahres 1808, als die westphälische Verwaltungsorganisation in Kraft trat. |
Bestandsinformationen: | Im Mittelalter befand sich auch in Erfurt ein Depot für mainzisches Schriftgut. Es wurde wohl im Mainzer Hof, dem Sitz der landesherrlichen Beamten in der Stadt, aufbewahrt. Bei den zahlreichen Konflikten zwischen den Erzbischöfen und der Stadt beschlagnahmte Letztere mehrfach den Mainzer Hof und insbesondere die vorhandenen Verwaltungsunterlagen. Bei diesen Übergriffen sind vermutlich Teile des Schriftguts vernichtet worden. Die Stadt blieb jedoch niemals längere Zeit im Besitz der landesherrlichen Dokumente, sondern gab sie auf Grund von Abmachungen meist nach kurzer Zeit wieder zurück. Über den Inhalt des Archivs im Mainzer Hof gibt ein Verzeichnis vom Jahr 1608 Auskunft. Danach enthielt dieses außer einem kleinen Urkundenbestand vor allem Aufzeichnungen über die Rechte und Besitzungen des Landesherren sowie Rechte und Besitzungen des Landesherren sowie Rechnungen und Register der verschiedensten Art.
Ein weiterer, sehr umfangreicher Bestand von Schriftgut kam in landesherrlichen Besitz, als im Jahr 1664 die Stadt Erfurt ihre Selbstverwaltung an den Landesherrn abgeben musste. Die kurfürstlichen Behörden beschlagnahmten damals alle Besitztitel und alles Schriftgut über die Verhältnisse des Landesherrn zur Stadt. Die Akten über die meisten anderen Verwaltungsangelegenheiten wie Polizeisachen, Abgaben, Innungssachen etc. verblieben hingegen im städtischen Besitz.
Bereits 1671 ließ die Regierung die übernommenen Schriftstücke verzeichnen. Aus dem Verzeichnis geht hervor, dass sich bei diesen auch einige Stücke des Marien- und des St. Severistifts sowie Archivalien der von der Stadt säkularisierten Klöster der Augustiner und der Marienknechte befanden. Unter Vermischung der Provenienzen wurde aus dem städtischen Bestand und aus dem Archiv des Mainzer Hofes später ein Regierungsarchiv gebildet, das der Regierungsdirektor Meinong 1702 ordnete. Er legte die päpstlichen Bullen, die kaiserlichen Privilegien, die Lehnbriefe, die kurfürstlichen Hofratsreskripte, die Korrespondenzen, Akten und alle Nachrichten über die Stadt Erfurt und ihre Ortschaften in Kapseln ein, die nummeriert und mit knappen Betreffen versehen wurden. Als Aufbewahrungsort des Archivs diente weiter der bisherige Archivraum im Turm des Rathauses.
Eine Neuverzeichnung nahm 1737 der Regierungsrat Mosel von Alenstein vor, der die Unterlagen in eine erste Abteilung nach alphabetisch aneinandergereihten Sachgruppen und in eine zweite Abteilung nach Ortschaften aufteilte. Da bei dieser Arbeit jedoch weder der Abschluss erreicht, noch alle Teile zum Vorteil der Ordnung aufgenommen wurden, hat sich dieser Versuch eher zum Nachteil als zum Vorteil der Ordnung ausgewirkt. Weitere Ordnungsversuche gegen Ende des 18. Jahrhunderts führten ebenfalls zu keinem Erfolg.
Inzwischen hatte das Archiv durch einzelne reponierte Aktengruppen der Erfurter Regierung weitere Zugänge erhalten, über die nur unzureichende oder keine Verzeichnisse vorlagen. Die Flüchtung des Archivs vor den Preußen im Siebenjährigen Krieg nach Mainz und die Vorbereitung der Flüchtung trugen ebenfalls nicht zur Verbessesung der Archivordnung bei.
Als das Archiv 1802 von den preußischen Behörden übernommen wurde, lag es noch in Schubfächern oder Kapseln, von denen ein großer Teil nur summarisch verzeichnet und ohne jede Systematik geordnet war. Außerdem enthielten die verschiedenen Registraturen der Regierung noch größere Aktenmengen.
Bei der Einrichtung der preußischen Behörden in Heiligenstadt sind große Teile des Regierungsarchivs dorthin gebracht worden. Doch scheint der ältere Bestand in Erfurt liegen geblieben zu sein.
In der westphälischen und französischen Zeit gerieten die Archivalien weitgehend in sein solches Durcheinander, dass 1816, als die neu gebildete preußische Regierung Erfurt den Bestand übernahm, eine umfassende Neuordnung nötig wurde. |
Zusatzinformationen: | Forsetzung der Bestandsinformationen:
Die Urkunden und die älteren Akten, mit deren Verzeichnung der Archivar Erhard begonnen hatte, wurde nach dessen Versetzung nach Magdeburg sehr bald ebenfalls vom dortigen Staatsarchiv übernommen. Die Urkunden bildeten zunächst die VII. Abteilung, später die Rep. U 14 bis 15a. Die zwischen 1822 und 1835 übernommenen Akten wurden zusammen mit Akten anderer Provenienz als Rep. A 23 aufgestellt. Im Erfurter Regierungsarchiv verblieben zunächst die meisten Akten der Mainzer Regierung in Erfurt und der Rest des alten Stadtarchivs, bis auch diese Archivalien 1901 geschlossen an das Landeshauptarchiv abgegeben wurden (Rep. A 43 und 44 II).
1903 kam es zu einer Archivalienauseinandersetzung zwischen der preußischen Archivverwaltung und der Stadt Erfurt, die ihr altes Stadtarchiv zurück erhielt, soweit es noch eindeutig aus den Beständen herauszulösen war (vgl. C 22, Nr. 103). Es handelte sich vor allem um Teile der Rep. U 14, Rep. A37b I und Rep. 44 II. Dagegen gab die Stadt alle Archivalien der mainzischen Behörden und der aufgelösten Stifter und Klöster, soweit sie an das Stadtarchiv gekommen waren, an den Staat ab.
In den Jahren 2004/05 wurde das vorhandene handschriftliche Archivfindbuch des Bestandes Rep. A 43 I in eine Access-Datei retrokonvertiert. Darüber hinaus wurden eine Behörden- und Bestandsgeschichte erarbeitet und die Klassifikation überarbeitet. Einzelne Aktentitel wurden ebenfalls präzisiert. Im Zuge der Bestandsrevision wurden die alten Signaturen durch laufende Nummern ersetzt.
Im September 2009 wurde die Access-Datei in das vorhandene Archivinformationssystem überführt. Im September 2014 erfolgten die abschließende inhaltlich-formale Pürfung der Verzeichnungsinformationen und die Zustimmung zu deren Online-Stellung.
Hinweise auf Literatur:
Falk, Otto Hans Ferdinand: Geschichte der kurmainzischen Behördenorganisation in Hessen und auf dem Eichsfeld vom 12. bis zum Ende des 14. Jahrhunderts, Marburg 1927. Gutschke, Willibald: Geschichte der Stadt Erfurt, Weimar 1989. Haendly, Karl Paul: Das kurmainzische Fürstentum Eichsfeld im Ablauf seiner Geschichte, seine Wirtschaft und seine Menschen 897-1933, Duderstadt 1996. Wand, Arno: Das Eichsfeld als bischöflisches Kommissariat 1449-1999. Ein Amt macht Geschichte, Leipzig 2000. Weiß, Ulman (Hg.): Erfurt. Geschichte und Gegenwart, Weimar 1995. Wolf, Johann/Löffler, Klemens: Politische Geschichte des Eichsfelds, Duderstadt 1921.
Frühere Bezeichnung des Bestandes: Rep. A 43 I. |
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Related units of description |
Related units of description: | siehe auch: A 44 Kurmainzische Kammer zu Erfurt, 1281-1826 (Bestand)
siehe auch: A 46 Erfurter Klöster, 1244-1819 (Bestand)
siehe auch: A 37b III Kurmainzische Regierung (Hofrat) zu Mainz (auch sonstige Mainzer Zentralbehörden). Akten betr. Stadt und Gebiet Erfurt (Nachtrag), 1289-1796 (Bestand)
siehe auch: A 43 II Kurmainzische Regierung zu Erfurt. Akten über die Ämter, 1522-1799 (Bestand)
siehe auch: A 43 III Kurmainzische Regierung zu Erfurt. Protokolle, 1667-1803 (Bestand)
siehe auch: A 43 V Kurmainzische Regierung zu Erfurt. Varia, 1283-1803 (Bestand)
siehe auch: A 47 II Preußische Kriegs- und Domänenkammer zu Heiligenstadt. Akten betr. das Erfurter Gebiet und die Herrschaft Blankenhain, 1494-1852 (Bestand)
siehe auch (GR): Dd 10 Amt Gispersleben, 1564-1817 (Bestand)
siehe auch (GR): A 37b I Kurmainzische Regierung (Hofrat) zu Mainz (auch andere Zentral-, Mittel- und Unterbehörden). Akten betr. Stadt und Gebiet Erfurt, Grafschaft Gleichen und Herrschaft Kranichfeld, 1202-1817 (Bestand)
siehe auch (GR): 01.05.03.02. Lokale Verwaltungs- und Gerichtsbehörden (Tektonikgruppe (Endstufe))
siehe auch (GR): A 36 Geheime Kanzlei (Kabinett) zu Mainz. Akten betr. Erfurt und das Eichsfeld, 1668-1792 (Bestand)
siehe auch (GR): A 37b II Kurmainzische Regierung (Hofrat) zu Mainz (auch andere Zentral-, Mittel- und Unterbehörden). Akten betr. Stadt und Gebiet Erfurt (Nachtrag), 1294-1779 (Bestand)
siehe auch (GR): A 37b IV Kurmainzische Regierung (Hofrat) zu Mainz (auch sonstige Mainzer Zentralbehörden). Akten betr. Stadt und Gebiet Erfurt, 1418-1803 (Bestand)
siehe auch (GR): A 37b V Kurmainzische Regierung (Hofrat) zu Mainz (auch sonstige Mainzer Zentralbehörden). Akten betr. Stadt und Gebiet Erfurt (Nachtrag), 1460-1799 (ca.) (Bestand)
siehe auch (GR): A 45 Universität Erfurt, 1448-1820 (Bestand)
siehe auch (GR): A 47 I Preußische Kriegs- und Domänenkammer zu Heiligenstadt. Akten betr. das Eichsfeld, Mühlhausen und Nordhausen, 1315-1816 (Bestand)
siehe auch (GR): A 47 III Lutherisches Konsistorium zu Heiligenstadt, 1673-1817 (Bestand)
siehe auch (GR): A 38 Kurmainzische Lehnskanzlei zu Mainz, 1453-1795 (Bestand)
siehe auch (GR): A 39b Kurmainzische Hofkammer zu Mainz. Akten betr. Stadt und Gebiet Erfurt, 1480-1803 (Bestand)
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URL: | https://recherche.landesarchiv.sachsen-anhalt.de/Query/detail.aspx?ID=5431 |
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