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A 36 Geheime Kanzlei (Kabinett) zu Mainz. Akten betr. Erfurt und das Eichsfeld, 1668-1792 (Bestand)[Location: Wernigerode]
Identifikation |
Signatur: | A 36 |
Benutzungsort: | Wernigerode |
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Form-/Inhaltsangaben |
Titel: | Geheime Kanzlei (Kabinett) zu Mainz. Akten betr. Erfurt und das Eichsfeld |
Laufzeit/Datum (detailliert): | 1668 - 1792 |
Laufmeter: | 0.85 |
Findhilfsmittel: | Findbuch von 2006 (online recherchierbar) |
Registraturbildner: | Die Geschichte des Mainzer Geheimen Rates und seiner Kanzlei ist noch nicht völlig geklärt. Die mangelende Kontinuität und der rasche Wandel sowohl der Organisationsform als auch des Namens erklären sich bei diesem Gremium offenbar zum einen aus dem Streben des geistlichen Staates nach einer äußerlich eindrucksvoll wirkenden Verwaltung, zum anderen aus der Absicht der Kurfürsten, sich ein von der Einwirkung des Domkapitels relativ unabhängiges Regierungsinstrument zu schaffen. Diesem letzteren Ziel dienten zunächst die als Kammerschreiber, Hofsekretär oder Geheimer Sekretär bezeichneten persönlichen Berater der Fürsten. Um den Gefahren einer einseitigen Beratung zu entgehen, kam es jedoch offenbar zu immer neuen Versuchen, ein kollegial organisiertes, nur dem Landesherrn verantwortliches Gremium zu bilden. Dieses wurde zunächst Geheimer Rat, später dann Geheime Kabinettskonferenz oder als Geheime Staatskonferenz genannt.
Bereits 1541 hatte Erzbischof Albrecht sich die Herbeiziehung einzelner Räte zu vetraulicher Beratschlagung vorbehalten. 1565 wird ein solcher Ratgeber als "Geheimer Rat" bezeichnet. 1583 scheint der Geheime Rat neben dem Hofrat schon fest formiert gewesen zu sein. Die Exepediton des Schriftverkehrs dieses Kollegiums besorgte nicht mehr die allgemeine Kanzlei, sondern der landesherrliche Hofsekretär, der später zum Geheimen Sekretär wurde.
Mitte des 17. Jahrhunderts hielt der Geheime Rat seine Sitzungen bereits täglich ab. Den Vorsitz führte der Kurfürst selbst. Bei Abwesenheit vertrat ihn der Großhofmeister. Die Mitglieder des Kollegiums bildeten eine adlige und eine gelehrte Bank. Auch das Domkapitel entsandte damals schon seine Vertreter in dieses Kollegium, zu dessen Aufgaben vor allem die Reichs- und auswärtige Politik gehörte. Aber auch auf die innere Politik z. B. die Bestallungen ("Favorabilia") und die wichtigen Lehnsachen wirkte es entscheidend ein. Für den Schriftverkehr hatte der Geheime Sekretär jetzt bereits mehrere Kanzlisten zur Hand. Der Hofkanzler trat nur zeitweilig an die Spitze dieser sonst völlig selbstständigen Geheimen Kanzlei.
Im ausgehenden 17. und frühen 18. Jahrhundert scheint der Geheime Rat an Bedeutung verloren zu haben. Vielleicht spielte dabei der zunehmende Einfluss des Domkapitels auf das Kollegium eine Rolle. Hatte doch letzteres in den Wahlkapitulationen von 1710, 1732 und 1743 die Forderung nach Teilnahme der im angehörenden Präsidenten von Hofrat und Kammer am Geheimen Rat durchzusetzen vermocht. Jedoch erledigte die weiter bestehende Geheime Kanzlei in zunehmenden Maße die Vermittlung zwischen den Behörden und dem Kurfürsten, indem sie alle Berichte, Protokolle und Gnadensachen vorlegte und die landesherrlichen Entscheidungen an die entsprechenden Stellen zurückgab. Die sich hier bildende Kabinettsregierung wurde um 1740 durch Neueinrichtung von Konferenzen dazu ernannter Konferenzminister beendet.
Diese seit 1766 als Geheime Kabinettskonferenz bezeichnende Versammlung entwickelte sich jedoch mehr zu einer Art von Staatsrat, der sich aus den höchsten Staatsbeamten zusammensetzte und beratende Funktionen gegenüber Kurfürst und Behörden ausübte. Die Bedeutung der Geheimen Kanzlei wurde dadurch erheblich gemindert, dass sie zum ausführenden Organ der Konferenz gemacht wurde. Die Leitung der Geheimen Kanzlei lag weiter beim Geheimen Kabinettssekretär.
Im Jahr 1775 kam es zur Bildung einer Staatskonferenz. An ihrere Spitze stand ein Staats- und Konferenzminister, der keiner anderen Behörde mehr angehörte. Bereits 1783 führten jedoch Sparmaßnahmen wieder zur |
| Einschränkung dieser für das kleine Land zu verschwenderisch aufgebauten Institution. 1790 kam es aber nochmals zur Ernennung eines Staats- und Konferenzministers. Die sich anbahende Ausbildung von Ministerien mit besonderen Fachgebieten scheint aber aufgrund der Revolutionskriege nicht weiter gediehen zu sein, in deren Folge der Kurstaat schließlich aufgelöst wurde. |
Bestandsinformationen: | Bereits 1626 wird neben den verschiedenen erzbischöflichen und domkapitularischen Archiven des Mainzer Staates eine Kammerregistratur erwähnt. Diese enthielt offenbar den für den Kurfürsten besonders wichtigen und öfter benötigen politischen Schriftverkehr. Diese dürfte mit der späteren Geheimen Registratur identisch sein, die auch Akten über die vor dem Geheimen Rat und seine Nachfolgeorganisationen verhandelten Gegenstände aufnahm. Allerdings behauptete der Mainzer Archivdirektor Ladrone 1810, die frühere Geheime Registratur sei eigentlich ein Reservoir gewesen, dass alle 8 bis 10 Jahre seine nicht mehr benötigen Akten an das Landesarchiv abgegeben habe. Diese Abgabe scheint sich aber, wenn sie überhaupt regelmäßig durchgeführt wurde, vornehmlich auf die Akten über innere Angelegenheiten beschränkt zu haben.
Zur Ausbildung eines selbstständigen Geheimen Archivs neben dem alten Landesarchiv hat erst die Neuorganisation des Mainzer Archivwesens zwischen 1770 und 1782 geführt. Als damals nämlich die Akten über Reichs- und Kreisangelegenheiten aus dem bisherigen Zusammenhang mit dem Landesarchiv gelöst und unter einem eigenen Archivar der Geheimen Kanzlei unterstellt wurden, formierte man aus dem Schriftgut dieser Behörde auch ein eigenes Geheimes Archiv, das organisatorisch mit dem Reichs- und Kreisarchiv verbunden wurde. Nach den verschiedenen Flüchtungen in den Jahren nach 1792 fanden diese Bestände schließlich in Aschaffenburg eine Unterkunft. 1814 fielen mit dieser Stadt auch die dort gelagerten Archive an Bayern. Doch erhob sofort Österreich auf das Reichs- und Kreisarchiv Anspruch, den es 1818 durchsetzen konnte, während die Akten des Geheimen Archivs zum größten Teil in Bayern verblieben. Mehrere Kisten mit Kabinettsakten kamen aber 1818 noch mit dem Mainzer Reichsarchiv nach Frankfurt. Hier wurden 1819 und 1820 die auf nunmehr preußische Gebiete bezüglichen Akten teilweise herausgenommen und der preußischen Gesandtschaft in Frankfurt übergeben. Offenbar sind diese Archivalien dann an die Erfurter Regierung gelangt, die sie im Anhang zu den Aschaffenburger Papieren (A 47) verzeichnen ließ. Erst im Landeshauptarchiv wurden diese Archivalien wieder herausgelöst und als eigener Bestand aufgestellt.
1884 entdeckte man in Wien bei Ordnungsarbeiten an dem inzwischen nach dort überführten Mainzer Reichsarchiv noch Reste der Akten der Geheimen Kanzlei und überließ diese im gleichen Jahr Preußen und Hessen-Darmstadt. Der bei Preußen verbliebene Teil dieser Akten, darunter die Protokolle der Geheimen Kanzlei, kam in das Geheime Staatsarchiv (heute Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz).
Im Jahr 2006 wurde der im Landeshauptarchiv befindliche Bestand in eine Access-Datei retrokonvertiert. In diesem Zusammenhang erfolgte sowohl eine Neuverzeichnung der einzelnen Akten als auch die Erstellung einer Klassifikation nach archivfachlichen Grundsätzen.
Im März 2007 wurde die Access-Datei zum Bestand in das vorliegende Archivinformationssystem überführt.
Im April 2014 wurde einzelne Verzeichnungsangaben überarbeitet und eine abschließende fachliche Überprüfung der Verzeichnungseingaben vorgenommen. |
Zusatzinformationen: | Hinweise auf Literatur:
Falk, Otto Hans Ferdinand: Geschichte der kurmainzischen Behördenorganisation in Hessen und auf dem Eichsfeld vom 12. bis zum Ende des 14. Jahrhunderts, Marburg 1927. Goldschmidt, H.: Zentralbehörden und Beamtentum im Kurfürstentum Mainz vom 16. bis zum 18. Jahrhundert, in: Abhandlungen zur mittleren und neueren Geschichte, Heft 7 (1908). Gutschke, Willibald: Geschichte der Stadt Erfurt, Weimar 1989. Haendly, Karl Paul: Das kurmainzische Fürstentum Eichsfeld im Ablauf seiner Geschichte, seine Wirtschaft und seine Menschen 897-1933, Duderstadt 1993. Wand, Arno: Das Eichsfeld als bischöfliches Kommissariat 1449-1999. Ein Amt macht Geschichte, Leipzig 2000. Weiß, Ulmann (Hg.): Erfurt. Stadt. Geschichte und Gegenwart, Weimar 1995. Wolf, Johann/Löffler, Klemens: Politische Geschichte des Eichsfelds, Duderstadt 1921.
Frühere Bezeichnung des Bestandes: Rep. A 36. |
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Related units of description |
Related units of description: | siehe auch: A 43 I Kurmainzische Regierung zu Erfurt, 1282-1850 (Bestand)
siehe auch: A 44 Kurmainzische Kammer zu Erfurt, 1281-1826 (Bestand)
siehe auch: A 46 Erfurter Klöster, 1244-1819 (Bestand)
siehe auch: A 37a Kurmainzische Regierung (Hofrat) zu Mainz. Akten betr. das Eichsfeld, 1055-1804 (Bestand)
siehe auch: A 37b I Kurmainzische Regierung (Hofrat) zu Mainz (auch andere Zentral-, Mittel- und Unterbehörden). Akten betr. Stadt und Gebiet Erfurt, Grafschaft Gleichen und Herrschaft Kranichfeld, 1202-1817 (Bestand)
siehe auch: A 39a Kurmainzische Hofkammer zu Mainz. Akten betr. das Eichsfeld, 1487-1829 (Bestand)
siehe auch: A 39b Kurmainzische Hofkammer zu Mainz. Akten betr. Stadt und Gebiet Erfurt, 1480-1803 (Bestand)
siehe auch: A 41 Kurmainzische Kammer (Landschreiberei) zu Heiligenstadt, 1685-1803 (Bestand)
siehe auch: A 40 I Kurmainzische Regierung zu Heiligenstadt (mit Vorbehörden), 1488-1837 (Bestand)
siehe auch: A 37b II Kurmainzische Regierung (Hofrat) zu Mainz (auch andere Zentral-, Mittel- und Unterbehörden). Akten betr. Stadt und Gebiet Erfurt (Nachtrag), 1294-1779 (Bestand)
siehe auch: A 37b III Kurmainzische Regierung (Hofrat) zu Mainz (auch sonstige Mainzer Zentralbehörden). Akten betr. Stadt und Gebiet Erfurt (Nachtrag), 1289-1796 (Bestand)
siehe auch: A 37b IV Kurmainzische Regierung (Hofrat) zu Mainz (auch sonstige Mainzer Zentralbehörden). Akten betr. Stadt und Gebiet Erfurt, 1418-1803 (Bestand)
siehe auch: A 37b V Kurmainzische Regierung (Hofrat) zu Mainz (auch sonstige Mainzer Zentralbehörden). Akten betr. Stadt und Gebiet Erfurt (Nachtrag), 1460-1799 (ca.) (Bestand)
siehe auch: A 40 II Kurmainzische Regierung zu Heiligenstadt. Protokolle, Kommissionen, 1580-1803 (Bestand)
siehe auch: A 40 III Kurmainzisches Oberlandgericht zu Heiligenstadt, 1657-1820 (Bestand)
siehe auch: A 43 II Kurmainzische Regierung zu Erfurt. Akten über die Ämter, 1522-1799 (Bestand)
siehe auch: A 43 III Kurmainzische Regierung zu Erfurt. Protokolle, 1667-1803 (Bestand)
siehe auch: A 43 IV Kurmainzische Regierung zu Erfurt. Vizedomamt, Kommissionen, Varia, 1654-1802 (Bestand)
siehe auch: A 43 V Kurmainzische Regierung zu Erfurt. Varia, 1283-1803 (Bestand)
siehe auch: A 47 I Preußische Kriegs- und Domänenkammer zu Heiligenstadt. Akten betr. das Eichsfeld, Mühlhausen und Nordhausen, 1315-1816 (Bestand)
siehe auch: A 47 II Preußische Kriegs- und Domänenkammer zu Heiligenstadt. Akten betr. das Erfurter Gebiet und die Herrschaft Blankenhain, 1494-1852 (Bestand)
siehe auch: A 45 Universität Erfurt, 1448-1820 (Bestand)
siehe auch (GR): A 38 Kurmainzische Lehnskanzlei zu Mainz, 1453-1795 (Bestand)
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