A 40 I Kurmainzische Regierung zu Heiligenstadt (mit Vorbehörden), 1488-1837 (Bestand)[Location: Wernigerode]

Archive plan context


Identifikation

Signatur:A 40 I
Benutzungsort:Wernigerode

Form-/Inhaltsangaben

Titel:Kurmainzische Regierung zu Heiligenstadt (mit Vorbehörden)
Laufzeit/Datum (detailliert):1488 - 1837
Laufmeter:4.30
Findhilfsmittel:Findbuch von 2005/06 (online recherchierbar)
Registraturbildner:Seit etwa 1120 setzten die Mainzer Erzbischöfe auch auf dem Eichsfeld und in Hessen einen Vitztum als Mittelinstanz zwischen der zentralen Hof- und Landesverwaltung in Mainz und den lokalen Stellen ein. Dieser nahm seinen dauernden Wohnsitz bald auf dem Rusteberg. Von dorte übte er die Gerichtsbarkeit in den eichsfeldischen und hessischen Gebieten von Kurmainz ebenso wie die Aufsicht über die Unterstellten aus. Ferner leitete er die Angelegenheiten der Landesverteidigung. Da das Vitztumamt als Lehen ausgetan wurde, drohte es bald erblich zu werden. Die Landesherren nahmen deshalb dem Vitztum zunächst 1296 die militärische Kommandogewalt und die richterlichen Befugnisse, die an neu eingesetzte Landvögte übergingen. Diese erhielten wenig später den Titel Oberamtmann und traten seit 1323 als eine Art gesetzter Beamter ohne lehnrechtliche Bindung an die Stelle der bisherigen Vitztume. 1355 wurden ferner die Finanzverwaltung unter einem Kellner oder Provisor verselbstständigt. Dieser nahm seinen Sitz zunächst in Duderstadt und Langensalza und auf dem Gleichenstein.

Im 16. Jahrhundert scheint man dem Oberamtmann, der zunächst noch auf dem Rusteberg amtierte, vereinzelt Räte beigegeben zu haben. 1540 richtete Erzbischof Albrecht II. das Oberlandgericht in Heiligenstadt ein. Den Vorsitz des Gerichts bekam der Oberamtmann als kurfürstlicher Landrichter. Gelegentlich wird er in dieser Zeit auch noch als Vitztum bezeichnet. 1540 verlegte er seinen Amtssitz nach Heiligenstadt, wo sich unter seiner Leitung langsam eine eigene, kollegialisch organisierte Behörde bildete, die zunächst als Kanzlei oder Oberamt, seit 1737 als Regierung bezeichnet wurde. Etwa gleichzeitig bekam der Oberamtmann den Titel eines Statthalters. Er behielt den Vorsitz in der Regierung und im Oberlandgericht. Ein Regierungsdirektor und mehrere Räte bzw. Assessoren standen ihm zur Seite. Die Regierung war dem Hofrat (Regierung) zu Mainz untergeordnet. Sie übte die Aufsicht über sämtliche landesherrliche Behörden ihres Bezirks, darunter auch die Kammer bzw. Landschreiberei, aus. Als Aufgabenbereich fielen ihr die Erhaltung der landesherrlichen Rechte und alle Hoheitssachen zu. Ferner übte sie die Funktion einer Landespolizei aus, was außer den heute als Polizeiaufgaben verstandenen Maßnahmen auch die gesamte innere Verwaltung umfasste.

Als Gerichtsberhörde war die Regierung für alle Exmierten in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, des Hypothekenwesens und des Vormundschaftswesens zuständig. Außerdem fällte sie die Urteile in allen Kriminalfällen. Auch die Militärangelegenheiten waren der Behörde unterstellt, bis im Jahr 1800 eine Hofkriegsdeputation in Heiligenstadt die diesbezüglichen Aufgaben übernahm. In Lehnangelegenheiten hatte die Behörde die Kontrolle der Lehen ihres Bereichs, während die Belehnungen vom Hofrat (Regierung) in Mainz als Lehnhof durchgeführt wurden. Mit verschiedenen anderen Behörden wirke die Regierung an gemischten Kommissionen mit, die nach dem Vorbild der zentralen Mainzer Stellen gebildet wurden. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts gehörten die Chaussee- und Wegebaukommission, die Armenkommission, die Leih- und Handlungskommission, die Exjesuitenkommission sowie die Schulkommission dazu.

Nach der Annexion des Eichsfelds durch Preußen im August 1802 fungierte die bisherige Regierung unter Aufsicht der preußischen Organisationskommission als Interimsbehörde weiter. Ihre Gerichtsfunktionen übernahm am 1. Juni 1803 die neu errichtete preußische Regierung in Heiligenstadt, die auch für die übrigen Entschädigungsländer in Thüringen zuständig war. Alle Verwaltungsangelegenheiten fielen zunächst der in Finanz- und Polizeikommission umbenannten Organisationskommission zu. Am 1. November 1803 trat die Eichsfeld-Erfurtische Kriegs- und Domänenkammer in Heiligenstadt an deren Seite.
Bestandsinformationen:Im Mittelalter besaßen die Mainzer Erzbischöfe auch auf dem Rusteberg ein Urkundendepot, das nach den Bestimmungen der erzbischöflichen Wahlkapitulation des 15. und 16. Jahrhunderts von den zentralen Mainzer Archiven abgesondert bleiben sollte. Über das Schicksal dieser Archivalien ist noch nichts Näheres bekannt. Sie sind vielleicht später doch nach Mainz gekommen oder aber der Vernichtung anheim gefallen. Jedenfalls knüpften die Archivbildungen der späteren Eichsfelder Regierung in Heiligenstadt an dieses Depot nicht an, obwohl sich die Behörde im Anschluss an die Kanzlei des Oberamtmannes auf dem Rusteberg herausbildete.

Das Archiv in Heiligenstadt war vielmehr ein reines Behördenarchiv, dessen Ordnungszustand offenbar wenig zufriedenstellend war. Als bei der Auflösung der Behörde 1802 vollends die laufenden und die reponierten Registraturen durcheinander gerieten, war kaum noch von einer Ordnung die Rede. Die Akten waren zudem meist ungeheftet gewesen. Deshalb wurde bei Beginn der westphälischen Periode dem Bestand keine Beachtung mehr geschenkt. Vielmehr fanden umfangreiche Kassationen ohne genaue Sichtung des Materials statt.

Die geringen Reste gelangten schließlich nach 1816 an das Archiv der neu errichteten Regierung Erfurt. Bereits um 1830 übernahm das Staatsarchiv in Magdeburg von dort eine Auswahl von Akten aus diesem Bestand. Der in Erfurt verbliebene Rest wurde in der Mitte des 19. Jahrhunderts als Rep. 34 neu verzeichnet. 1901 kam dieser ebenfalls an das Staatsarchiv in Magdeburg. Hier wurde die meist in Rep. A 37a I-III des Landeshauptarchivs aufgestellte erste Ablieferung von Heiligenstädter Regierungsakten um 1930 wieder mit dem 1901 aus Erfurt abgegebenen Bestand, der nun die Bezeichnung Rep. A 40 erhielt, vereinigt. Auch die Regierungsprotokolle aus der Erfurter Rep. 36 wurden ihm wieder angeschlossen, befinden sich jedoch heute überwiegend in den Bestand A 40 II.

In den Jahren 2004/05 wurde das handschriftliche Archivfindbuch zum Bestand Rep. A 40 I in eine Access-Datei retrokonvertiert. In diesem Zusammenhang erfolgten eine Bestandsrevision und die Vergabe neuer Signaturen. 2006 wurde die Klassifikation überarbeitet und eine Behörden- und Bestandsgeschichte verfasst.

Die Access-Datei zum Bestand wurde im März 2014 in das vorliegende Archivinformationssystem überführt.
Zusatzinformationen:Hinweise auf Literatur:

Falk, Otto Hans Ferdinand: Geschichte der kurmainzischen Behördenorganisation in Hessen und auf dem Eichsfeld vom 12. bis zum Ende des 14. Jahrhunderts, Marburg 1927.
Goldschmidt, F.: Zentralbehörden und Beamtentum im Kurfürstentum Mainz, Berlin/Leipzig 1908.
Haendly, Karl Paul: Das kurmainzische Fürstentum Eichsfeld im Ablauf seiner Geschichte, seine Wirtschaft und seine Menschen 897-1933, Duderstadt 1996.
Hensler, Erwin: Verfassung und Verwaltung von Kurmainz um das Jahr 1600 (Straßburger Beitrag zur neueren Geschichte, Bd. 2, Heft 1), Duderstadt 1909.
Jendorff, Alexander: Verwandte, Teilhaber und Dienstleute. Herrschaftliche Funktionsträger im Erzstift Mainz 1514-1647, Marburg 2003.
Wand, Arno: Das Eichsfeld als bischöflisches Kommissariat 1449-1999. Ein Amt macht Geschichte, Leipzig 2000.
Wolf, Johann/Löffler, Klemens: Politische Geschichte des Eichsfels, Duderstadt 1921.

Frühere Bezeichnung des Bestandes: Rep. A 40 I.
 

Related units of description

Related units of description:siehe auch:
A 38 Kurmainzische Lehnskanzlei zu Mainz, 1453-1795 (Bestand)

siehe auch:
A 42 Klöster auf dem Eichsfeld, 1282-1817 (Bestand)

siehe auch:
A 37a Kurmainzische Regierung (Hofrat) zu Mainz. Akten betr. das Eichsfeld, 1055-1804 (Bestand)

siehe auch:
A 39a Kurmainzische Hofkammer zu Mainz. Akten betr. das Eichsfeld, 1487-1829 (Bestand)

siehe auch:
A 41 Kurmainzische Kammer (Landschreiberei) zu Heiligenstadt, 1685-1803 (Bestand)

siehe auch:
A 40 II Kurmainzische Regierung zu Heiligenstadt. Protokolle, Kommissionen, 1580-1803 (Bestand)

siehe auch:
A 40 III Kurmainzisches Oberlandgericht zu Heiligenstadt, 1657-1820 (Bestand)

siehe auch:
A 47 I Preußische Kriegs- und Domänenkammer zu Heiligenstadt. Akten betr. das Eichsfeld, Mühlhausen und Nordhausen, 1315-1816 (Bestand)

siehe auch:
A 47 III Lutherisches Konsistorium zu Heiligenstadt, 1673-1817 (Bestand)

siehe auch (GR):
Dd 4 Amt Bischofstein-Greifenstein, 1668-1817 (Bestand)

siehe auch (GR):
A 36 Geheime Kanzlei (Kabinett) zu Mainz. Akten betr. Erfurt und das Eichsfeld, 1668-1792 (Bestand)
 

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