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A 4c Stift St. Sebastiani zu Magdeburg, 1215-1835 (Bestand)[Location: Magdeburg]
Identifikation |
Signatur: | A 4c |
Benutzungsort: | Magdeburg |
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Form-/Inhaltsangaben |
Titel: | Stift St. Sebastiani zu Magdeburg |
Laufzeit/Datum (detailliert): | (1215) 1600 - 1817 (1835) |
Laufmeter: | 8.10 |
Findhilfsmittel: | Findbuch 2017 (online recherchierbar) |
Registraturbildner: | Syndikus und Kämmerer des Stifts St. Sebastiani
Das dem Evangelisten Johannes und dem heiligen Fabian geweihte Kollegiatstift St. Sebastian in Magdeburg wurde wahrscheinlich unter der Regierung des Erzbischofs Gero (1012-1023) gegründet. Mit der seit dem 11. Jahrhundert um sich greifenden Verehrung des heiligen Sebastians, an dessen Reliquien das Stift vermutlich Anteil hatte, wurde es bald dauerhaft nach dem Heiligen benannt.
An der Spitze des Stiftes stand der aus den Reihen des Domkapitels zu wählende Propst. Sein geringer Einfluss auf die Stiftspolitik und -verwaltung ließen das Amt zum Ehrenamt werden, das dem Besitzer Einkünfte brachte und die enge Beziehung St. Sebastians als Nebenstift zum Dom ausdrückte.
Die eigentliche Leitung und Repräsentation oblag dem Dekan, der vom Senior vertreten wurde. Daneben gehörten dem Stift ein Thesaurius, Scholasticus, Cellarius, Camerarius und Cantor an. Für die Verwaltung des Gerichts und der Einkünfte waren ein Syndikus und ein Kämmerer zuständig.
Das Stift verfügte über das Recht der Autonomie, der Vermögensverwaltung sowie Jurisdiktion über seine Mitglieder und Gerichtseingesessenen. Es besaß Steuer- und Zollfreiheit und hatte das Recht der Siegelführung inne. Statuten regelten die Verfassung des Stifts. Die Mitglieder wurden in das Statuten- und Matrikelbuch eingetragen. Zweimal jährlich, im Herbst und Frühjahr, fanden Generalkapitel statt, für die eine Anwesenheitspflicht der Kanoniker bestand.
Dem Kapitel gehörten 10-12 Kanoniker an, die sich in Major- und Minorpräbenden teilten. Für die Mehrzahl der Kanonikerstellen besaß das Stift das Kollationsrecht. Nach 1680 wurden die Präbenden auch vom Landesherrn, der sich für eine Anzahl von ihnen das Kollationsrecht gesichert hatte, an verdiente Beamte und Offiziere vergeben und verkauft, so dass sich das Stift mehr und mehr zu einer Versorgungsanstalt entwickelte. Das Recht auf die Aufnahme in das Stift ließ sich durch Anwartschaft sichern. Die Veränderung bzw. der Verlust des Kanonikats konnte durch Resignation, Aszension und Tod erfolgen.
Das Vermögen des Stifts setzte sich neben Einkünften aus Eintritts- und Aufstiegsgebühren vor allem aus Grundbesitz bzw. Pacht aus demselben sowie Abgaben und Zinsen zusammen. Das aus Grundbesitz stammende Vermögen war zu verhältnismäßig selbstständigen Obödienzen und corpora vereinigt mit getrennter Verwaltung und getrennter Abrechnung. Diese entwickelten sich zu reinen Pfründen und wurden in der Regel mit bestimmten Kanonikaten verbunden.
Das Stift St. Sebastiani war Grundherr in Bisdorf und Gutenswegen sowie über die Feldmark Lütznitz bei Möckern. Für diese Orte übte es daher auch die Polizei- und Lokalgewalt, das Patronat und die Gerichtsbarkeit aus. Ähnlich verhielt es sich bei dem zur Altstadt Magdeburg gehörenden Gebiet der Stiftsfreiheit.
Prästationen erhielt das Stift außerdem von Besitzungen des Klosters Berge und aus folgenden Ortschaften: Atzendorf, Bahrendorf, Barleben, Benneckenbeck, Beyendorf, Biere, Borne, Brumby, Buckau, Dahlenwarsleben, Diesdorf, Domersleben, Dreileben, Ebendorf, Eichenbarleben, Eichendorf, Etgersleben, Förderstedt, Gersdorf, Groß Ottersleben, Groß Rodensleben, Groß Klein Ammenslebenn, Klein Germersleben, Klein Quenstedt, Klein Rodensleben, Klein Sandersleben, Klein Wanzleben, Langenweddingen, Mentz, Nalpke, Neuhaldensleben, Ochtmersleben, Olvenstedt, Pechau, Rothensee, Schnarsleben, Schwaneberg, Seehausen, Stemmern, Sudenburg, Sülldorf, Wellen, Welsleben, Westerhüsen, Wolmirsleben, Woltersdorf, Zuchau. Das Stift wiederum hatte Erbzinsen und |
| Lehnware an das Domkapitel zu Magdeburg, an das Kloster Berge und das Stift Quedlinburg zu zahlen.
Zwischen 1567 und 1573 trat das Stift zum lutherischen Glauben über. Ab 1806 geriet es unter westphälische Herrschaft und wurde 1810 säkularisiert. Nach 1814 gingen die Güter in das Eigentum des preußischen Staates über und gelangten unter die Domänenverwaltung. |
Bestandsinformationen: | Das ältere Archiv des Stifts ist verloren gegangen. Es soll 1631 nach Rostock gebracht worden sein. Die nach dem Brand von 1631 noch vorhandenen und die neu entstandenen Akten sowie Amtsbücher wurden in der Sakristei der Sebastianskirche aufbewahrt, wo zur westphälischen Zeit weitere Verluste eintraten.
Nach der Aufhebung des Stifts wurden die Akten zunächst von der Domänenverwaltung des Elbdepartements weitergeführt und dann gemeinsam mit dem Archiv des Domkapitels, mit dem sie räumlich verbunden waren, in das Provizialarchiv übernommen. Die Urkunden wurden gesondert aufgestellt (U 3, 03.). Im Provinzialarchiv fürte man mit Hilfe des Behördenfindbuchs (vgl. A 4c, Anh. Nr. 40 Bd. 1) eine Revision des Aktenbestandes durch, die den hohen Anteil des verloren gegangenen Schriftgutes noch heute verdeutlicht. Vermutlich erfolgte vom Provinzialarchiv auf Grund von Ansprüchen der Verwaltung die Abgabe von Teilen des Bestandes wieder an die Regierung Magdeburg. Diese kehrten Anfang des Jahrhunderts mit Ausnahme der Kirchen- und Schulsachen (vgl. A 12) durch die Übernahme des Regierungsarchivs zurück. 1906 wurden diese Akten in den Bestand eingegliedert bzw. als Anhang angegliedert. Im Jahr 1904 konnte das Statuten- und Matrikelbuch des Stifts in Kassel antiquarisch angekauft werden.
In dieser Ordnung verblieb der Bestand bis auf einige Register und Lehnsbücher, die den Kopiaren zugeordnet wurden, welche aber mit Ausnahme der Lehnsbücher dem Bestand wieder zugeführt worden sind (vgl. Cop.).
Eine Revision des Bestandes erfolgte im Jahr 1947.
In den Jahren 1994/95 erfolgte eine Neuverzeichnung des Bestandes. Die bisherige Gliederung nach Littera wurde durch eine an den Aufgaben des Stifts sich orientierende Gliederung ersetzt (vgl. A 4c, Anh. Nr. 40 Bd. 2).
Im Juli 2017 erfolgte die Retrokonversion der Verzeichnungsinformationen. Die Retrokonversion orientierte sich dabei an den Ergebnissen der Neuverzeichnung und Gliederung von 1994/95. Anders als bei der Neuverzeichnung vorgesehen, wurden bei der Retrokonversion die althergebrachten Signaturen nach Littera beibehalten, d.h. eine Umsignierung nach Numerus currens erfolgte nicht.
In Folge der Retrokonversion wurde auch ein neues Findbuch erstellt. |
Zusatzinformationen: | Literatur:
Heckel, Johannes: Die evangelischen Dom- und Kollegiatstifter Preußens, Stuttgart 1924. Heinritz, Ulrich: St. Sebastian zu Magdeburg. Große Baudenkmäler. Heft 435, Berlin 1993. Historische Nachrichten über das Stift St. Sebastian in der Stadt Magdeburg aus Gebhard von Alvensleben Topographie [...] anno 1665, mit Ergänzungen aus dem 19. Jh. (MS 63 Tit 20). Krzesinski, Th. v.: Geschichte der Kirche und des Kapitels von St. Sebastian in Magdeburg, in: Kunsthistorische Skizzen, Königsberg 1909, S. 31 ff. Müller, F. D.: Die Baugeschichte der Sebastianskirche zu Magdeburg, Schönbeck o. D. Wentz, G./Schwineköper, B.: Das Erzbistum Magdeburg, 1. Bd. 2. Teil: Die Kollegiatstifter St. Sebastian, St. Nicolai, St. Peter und Paul und St. Gangolf in Magdeburg, Berlin/New York 1972 (Germania Sacra).
Quellen:
Kinderling, J. F. A.: Gesammelte Nachrichten von den Pröbsten, Dechanten und Canonicis auch von der Stiftskirche St. Sebastiani zu Magdeburg, Ende 18. Jh. (Staatsbibliothek Berlin, Manuscr. Bor. 4 Nr. 323). Kinderling, J. F. A.: Urkunden des Stifts St. Sebastian in Magdeburg, Ende 18. Jh. (Staatsbibliothek Berlin, Manuscr. Bor. 4 Nr. 322). Kinderling, J. F. A.: Das Stift St. Sebastian zu Magdeburg. Fortsetzung der vorgenannten Handschrift (Enthält verschiedene Statuten des Stifts mit Zeichnungen. Beschreibung der erzbischöflichen Kollegiatsstiftskirche St. Sebastian in Magdeburg. Register der Einkünfte des Stifts St. Sebastian von 1629 mit Exzerpten aus dem 16. Jh.), Ende 18. Jh. (Staatsbibliothek Berlin, Manuscr. Bor. 4 Nr. 321). |
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Related units of description |
Related units of description: | siehe auch: A 12 Gen. Ältere Konsistorialbehörden im späteren Regierungsbezirk Magdeburg (Kultusarchiv). Generalia, 1440-1862 (Bestand)
siehe auch: B 20a Domänendirektion Magdeburg, 1594-1816 (Bestand)
siehe auch: U 3, 03. Stift S. Sebastiani (Gliederungsgruppe)
siehe auch: Cop. Stift St. Sebastiani Magdeburg (Gliederungsgruppe)
siehe auch (GR): A 2, 27. Kollegiatstifter und Klöster, 1172-1804 (Gliederungsgruppe)
siehe auch (GR): A 3, 01.35. Kollegiatstift St. Sebastiani, 1647-1803 (Gliederungsgruppe)
siehe auch (GR): A 3, 03.15. Lehnssachen der Präpositur St. Sebastiani, 1661-1807 (Gliederungsgruppe)
siehe auch (GR): A 3, 01.72. Präpositur St. Sebastiani, 1669-1802 (Gliederungsgruppe)
siehe auch (GR): A 5, 25. Domstift zu Magdeburg, Kollegiatstifter St. Gangolphi und Petri et Pauli in Magdeburg, 1651-1817 (Gliederungsgruppe)
siehe auch (GR): A 6, 23. Angelegenheiten der Stifter und Klöster, 1639-1804 (Gliederungsgruppe)
siehe auch (GR): A 8, 29. Stifte und Klöster, 1685-1804 (Gliederungsgruppe)
siehe auch (GR): C 28 IIIa Regierung Magdeburg. Domänenregistratur, 1816-1947 (Bestand)
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URL for this unit of description |
URL: | https://recherche.landesarchiv.sachsen-anhalt.de/Query/detail.aspx?ID=4561 |
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