Slg. 34, 03. Zündholzfabrik Coswig/Anhalt, 1835-2022 (Bestand)[Location: Dessau]

Archive plan context


Identifikation

Signatur:Slg. 34, 03.
Benutzungsort:Dessau

Form-/Inhaltsangaben

Hinweis:Stand: 27.03.2023
Titel:Zündholzfabrik Coswig/Anhalt
Laufzeit/Datum (detailliert):1835 - 2022
Laufmeter:1.00
Findhilfsmittel:Findbuch, online
Registraturbildner:Die Fabrik wurde 1885 von Wilhelm Albrecht gegründet. 1886 firmierte sie als Carl Baudorff & Co.. In den Grundakten zu Coswig findet sich der Grundeigentumserwerb durch den Kaufmann Hermann Köstlich aus Lübben und den Fabrikanten Carl Baudorff aus Coswig 1886 sowie aus gleichen Jahr der Erwerb ausschließlich durch Carl Baudorff. Das Gelände nahe der Eisenbahngleise war begehrt, so dass es ab 1889 zu einem Prozess zwischen Baudorff und dem Eisenbahnfiskus wegen zweier Parzellen zur Bahnhofserweiterung kam. 1890 übernahmen die Heintz und Alexis Bischof (1857-1922) die Anhaltische Zündwarenfabrik. Um 1900 wurden in Coswig 10 Millionen Phosphor-Hölzer pro Tag hergestellt sowie Kali- und Sicherheitszündhölzer. Der Betrieb besaß eine eigene Holzdraht- und Schachtelfabrik mit Dampfbetrieb und ca. 150 Arbeiter. 1921 verkaufte Bischof das Unternehmen an die Stahl & Nölke AG in Kassel. Gleichzeitig trat sein Sohn Friedrich Bischof, nun Teilhaber, in die Vorstände der Stahl & Nölke AG und der Deutsche Zündholzfabriken AG, Berlin, ein. Noch vor und im Ersten Weltkrieg kam es zu baulichen Erweiterungen der Fabrik, wie bspw. der Tischlerei, des Speisesaales, eines Bürogebäudes. Es wurde Espenholz aus dem Baltikum verarbeitet, ab den 1930er Jahren heimisches Pappelholz. Nach Entrindung und Zuschnitt des Holzes wurden sogenannte Holzdrähte geschnitten, aus welchen die Zündhölzer entstanden, die Schachteln waren ebenso aus Holz. Die Imprägnierung und das Tauchen mit dem Zündsatz erfolgte maschinell. 1925 streikten für zwei Wochen 110 Holz- und Maschinenarbeiter für höhere Löhne. 1926 fusionierten die Firmen Stahl & Nölke AG und Deutsche Zündholzfabriken AG (DZA). Die Konzernzentrale der DZA war die Svenska Tändsticks Aktiebolaget in Jönköping, Schweden. Bis 1929 steigerte sich die Arbeiterzahl auf 409, die 1930 bis auf 50 sank. Als Nebenbetrieb entwickelte sich 1911 eine Holzwarenfabrik, die nach dem Verkauf der Zündholzfabrik 1921 in die Firma A. Bischof & Co. Coswig umgewandelt wurde. Hier wurden 1930 222 Mitarbeiter beschäftigt, die Sprechmaschinengehäuse und Radioartikel herstellten. Die Firma A. Bischof & Co. wurde zum 12.9.1934 für aufgelöst erklärt und zum 30.6.1937 gelöscht. Im Zweiten Weltkrieg lief die Zündholz-Produktion weiter, wozu 1942 deutsche Frauen der WASAG in Coswig abgeordnet wurden und 1942/43 über 100 russische, polnische, französische und ein belgischer Fremdarbeiter. Die Produktion wurde im Mai 1945 eingestellt. Im August erhielt die Fabrik mit 81 Arbeitern einen Auftrag über 22 Millionen Schachteln Zündhölzer für Rußland – als Reparationsleistung. Da die Zündholzfabrik mit Kriegsende schwedisches Eigentum war, war eine Sequesterstellung nicht möglich. Die russische Militärverwaltung tat es trotzdessen, wogegen die Konzernzentrale der Svenska Tändsticks Aktiebolaget in Jönköping (92,2 % schwedischer Besitz) mehrfach intervenierte. Die Zuständigkeiten wechselten häufig. 1950 arbeiten 300 Personen im Betrieb. Schließlich fiel der Betrieb unter die Verordnung über die Verwaltung und den Schutz ausländischen Eigentums vom 15.9.1951. Diese Verwaltung wurde der VVB Sperrholz-Furniere-Platten und seit dem 1.7.1958 dem Rat des Bezirkes Halle, dem Wirtschaftsrat, übertragen. Ab 1958 stellte man von Holz- auf Kartonschachteln um, 1963 folgten die größeren „Luxuskoffer“ und 1979 spezialisierte man sich in Handarbeit auf Kaminhölzer (Konsumgüter-Produktion). Als neuer Produktzweig kam 1972 der Kohleanzünder „Flammat“ hinzu, aufgrund des Mangels am Rohstoff Diesel stellte man 1984 auf Gatsch-Kohleanzünder um. Die Fabrik wurde erst 1975 in Volkseigentum überführt. Vier Jahre später folgte die Zusammenlegung des Zündholzwerkes in Coswig (Anhalt) zum „VEB Zündholzwerk Riesa“. Ab 1976/77 waren zwei Zündholzautomaten in Betrieb, ab 1979 wurden Kaminhölzer in Handarbeit bis April 1990 produziert. Am 5.4.1990 wurde die Produktion vollständig eingestellt.
Bestandsinformationen:Der Bestand enthält hauptsächlich die Etiketten-Sammlung zur Zündholzfabrik Coswig / Anhalt eines Phillumenisten. Weiterhin sind Etiketten des späteren Mutterbetriebes der Zündholzfabrik Coswig, dem Zündwarenwerk Riesa, enthalten. Die Etikettenmotive umfassen eine breites Spektrum des zeitgenössischen gesellschaftlichen Lebens in der DDR (Städte, Volkseigenen Betrieb, Sport, Verkehrswesen, Jubiläen, gesellschaftliches und politisches Leben, Ressourcen usw.). Ergänzt wird die Etikettenssammlung durch Dokumente zum Unternehmen, Materialsammlungen zur Geschichte der Phillumenie, Texte und Zeitschriften- sowie Zeitungspublikationen, Drucksachen betr. Ausstellungen zur Phillumenie im ehemaligen Bezirk Halle (Saale), Rechnungslegungen und Bestellungen (auch von weiteren Zündholzfabriken), Karten und Zeichnungen sowie Fotografien. Die Etikettensammlung ist zeitlich innerhalb der Existenz der DDR anzusiedeln. Dagegen liegen alle weiteren Dokumente zeitlich darüber hinaus. Materialsammlungen sowie Texte und Zeitschriften- sowie Zeitungspublikationen sind zum Teil im Original vorhanden, teilweise jedoch auch als Kopien vorhanden.
Anhängig ist weiterhin ein Konvolut mit touristischen Werbe- und Kartenmaterialien aus dem mitteldeutschen Raum, die keinen unmittelbaren Zusammenhang zur Zündholzfabrik Coswig / Anhalt aufweisen.
Zusatzinformationen:Literatur:
- Deutsche Zündholzfabriken AG Werk Coswig/Anhalt 1945-1992. Wolf-Rüdiger Reinhardt. kkk-Verlag Sassenburg. Braunschweig 1998
- Deutsche Zündholzfabriken AG, Coswig - Fabrikgeschichte und Katalog mit Abb. aller Etiketten seit 1945 - 100 S.
- Ic 150: Beiträge zur Geschichte der Stadt Coswig-Anh., Rat der Stadt Coswig, AG Heimatgeschichte im Deutschen Kulturbund, Ortsgruppe Coswig, Coswig. 1962
- Heidemarie Czech und Jutta Preiß: Coswig (Anhalt) in historischen Ansichten (II). Drei Kastanien Verlag. Lutherstadt Wittenberg 2004.
- Coswiger Heimatblatt. Beitrag zur "Coswiger Industriegeschichte - Die Zündholzfabrik". Manfred Ertelt. Ausgabe 2/2017. S. 10-13
 

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