C 20 VII Oberpräsident. Weinbauverwaltung Naumburg, 1870-1986 (Bestand)[Location: Magdeburg]

Archive plan context


Identifikation

Signatur:C 20 VII
Benutzungsort:Magdeburg

Form-/Inhaltsangaben

Hinweis:Der Bestand enthält Archivgut, das personenbezogenen Schutzfristen gemäß § 10 Abs. 3 Satz 2 ArchG LSA unterliegt und bis zu deren Ablauf nur im Wege einer Schutzfristenverkürzung gemäß § 10 Abs. 4 Satz 2 ArchG LSA oder eines Informationszuganges gemäß § 10 Abs. 4a ArchG LSA zugänglich ist. Für die Nutzung von Fotos, die mit nicht beim Landesarchiv Sachsen-Anhalt liegenden Urheberrechten belastet sind, gilt das Urheberrechtsgesetz vom 9. Sept. 1965, zuletzt geändert durch Gesetz vom 28. Nov. 2018 (BGBl. I S. 2014).
Titel:Oberpräsident. Weinbauverwaltung Naumburg
Laufzeit/Datum (detailliert):1870 - 1953 (- 1986)
Laufmeter:1.60
Findhilfsmittel:Findbuch von 2020 (online recherchierbar)
Registraturbildner:Im Jahr 1899 übernahm August Bebber, Königlicher Obergärtner zu Freyburg, in Nachfolge des Kunst- und Handelsgärtners Gustav Heinicke die Leitung der Rebenveredelungsstation Zscheiplitz. Diese war 1893 auf einer vom Rittergutsbesitzer von Bila durch den preußischen Fiskus für 12 Jahre gepachteten und bis 1897 auf 2,25 ha vergrößerten Ackerfläche in der Gemarkung Zscheiplitz errichtet worden, um gemäß Anordnung des Ministers für Landwirtschaft, Domänen und Forsten in der Weinbauregion Saale-Unstrut mit der Veredelung widerstandsfähiger amerikanischer Reben zu beginnen. Die Errichtung der Rebschule wie auch die Erstellung der jährlichen Arbeitspläne oblagen dem Leiter der Reblausbekämpfungsarbeiten, Oberförster a. D. Koch aus Trier. Ab 1907 nutzte nur noch der Aufsichtskommissar für Reblausangelegenheiten für die Provinz Sachsen, Prof. Max Hollrung aus Halle, Teile der Station zur Durchführung von Chloroseversuchen. Die Pachtzeit für die Restfläche endete am 1. Dez. 1908.

Eine weitere Rebenveredelungsanstalt befand sich seit 1899 in Pödelist. Sie wurde wegen der schlechten Lage und des mangelhaften Bodens im Jahr 1923 nach Naumburg verlegt. Das geeignete Grundstück in der Kösener Str. 66 war von der Waisenversorgungsanstalt zu Naumburg zunächst gepachtet, dann gekauft und mit einem Wohnhaus einschließlich Rebenveredelungsraum sowie Gewächshaus bebaut worden. Da die zur Verfügung stehenden Räume, insbesondere der Veredelungsraum, nicht ausreichten, erfolgte 1924/25 an der Westseite der Anbau eines weiteren Gebäudes. In der Kösener Str. 66 nahm auch Erwin Wanner, der im Aug. 1923 den bisherigen Leiter der "Staatlichen Rebenanlagen", August Bebber, abgelöst hatte, seinen Dienst- und Wohnsitz. In den nachfolgenden Jahren wurde die "Staatliche Weinbauverwaltung Naumburg", wie sich die Behörde ab 1923 nannte, von Wilhelm Langbein (1935-1948) und Alois Hanf (1949-31.03.1951) geleitet. 1947 entstand durch die formale Zusammenlegung der Staatlichen Weinbauverwaltung (jetzt "Landesweingut Naumburg") und der Weinbauabteilung der ehemaligen Gärtnerlehranstalt Freyburg der Landwirtschaftskammer (jetzt "Weinbauamt Freyburg") das Landesweinbauamt Sachsen-Anhalt. Beide Einrichtungen konnten jedoch in der bisherigen Weise weiterarbeiten. Die Leitung des Landesweinbauamtes bekam Karl Knippel, von 1928 bis 1933 und ab 1945 zudem Leiter der Obstbaulehr- und Versuchswirtschaft in Naumburg, Steinkreuzweg 1 (auch Dienstsitz des Landesweinbauamtes), übertragen.
Der staatliche Weinkeller war schon 1920 von Freyburg nach Naumburg in die Kösener Str. 18 (49), im Jahr 1931 dann nach dem Saalhäuser bei Bad Kösen gezogen.

Zum provinzialsächsischen Weinanbaugebiet zählten die Saale-Unstrut-Region (Weinbaubezirk Eckartsberga) mit 40 "Weinbaugemeinden" in den Landkreisen Naumburg, Querfurt und Weißenfels sowie die Weinbaubezirke Höhnstedt am süßen und salzigen See (Mansfelder Seekreis) und Schweinitz mit dem Jessener Gebiet. Die großen Weingüter befanden sich im Besitz der Sektkellerei Kloß & Förster in Freyburg/U., der Landwirtschaftskammer für die Provinz Sachsen und der Weinbauverwaltung als Vertreterin des preußischen Staates; im Allgemeinen herrschte Kleinbesitz vor.
Bestandsinformationen:Der Bestand mit der zeitlichen Zäsur 1945 (Ausnahme: acht weitergeführte Akten/Karten, zwei Fotos von 1986) wurde im Dez. 2003 ungeordnet und ohne Findmittel vom Landesweingut Kloster Pforta in Bad Kösen übernommen. Er dokumentiert leider nur bruchstückhaft die Existenz der Staatlichen Weinbauverwaltung Naumburg, wobei Schriftgut aus der Zeit vor 1945 auch im Bestand M 508 VEG Weinbau Naumburg zu finden ist. Zur Überlieferung gehören Akten über die amtliche Reblausüberwachung und Rebenveredelung, Verwaltungs-, Bewirtschaftungs-, Grundstücks- und Pachtsachen der staatlichen Weinberge, Bepflanzungspläne, Ernteregister sowie Bauzeichnungen. Von den 252 Fotos (einschließlich vier Glasplatten) sind nur wenige ausreichend beschriftet gewesen, so dass sich ihre Erfassung schwierig gestaltete. Ein Großteil ist der Obstbaulehrwirtschaftsanstalt in Naumburg zuzuordnen, die ihr zeitweiliger Leiter, Karl Knippel, wohl gesammelt haben muss. Ein alter Umschlag war dementsprechend mit "Nachlass Knippel" gekennzeichnet.
Veröffentlichte wissenschaftliche Arbeiten und sonstige Publikationen wurden separiert und unter einem eigenen Gliederungspunkt zusammengefasst.

Im Zuge der Bearbeitung stellte sich heraus, dass im nicht unerheblichen Maße auch Unterlagen mit der Provenienz Biologische Reichsanstalt für Land- und Forstwirtschaft, Zweigstelle Naumburg, übernommen worden sind. Dies lässt sich anhand aktenkundlicher Merkmale oder der Art (z. B. Züchtungskartei) und des Inhalts der Unterlagen (z. B. Forschungsberichte von Mitarbeitern) belegen. Aus der Überlieferung ist u. a. der Schriftwechsel über den Stand der Forschungsvorhaben hervorzuheben. Ein Aktenbestand der Biologischen Reichsanstalt für Land- und Forstwirtschaft befindet sich im Bundesarchiv (Bestandssign. R 3602). Gemäß den Angaben zu seiner Bestandsgeschichte wurden am 24. Jan. 1983 von der Akademie der Landwirtschaftswissenschaften, Institut für Züchtungsforschung Quedlinburg, Akten der Naumburger Zweigstelle an das Zentrale Staatsarchiv (ZStA) in Potsdam abgegeben, von wo sie 1990 an das Bundesarchiv gelangt sind (Benutzungsort aktuell: Berlin-Lichterfelde). Innerhalb des genannten Bestandes tragen die Naumburger Akten die Signaturnummern 1 bis 1020.

Die Verzeichnung der Archivalien erfolgte im Zeitraum Aug. - Dez. 2018 in ScopeArchiv. Alte Registratursignaturen wurden soweit vorhanden original übernommen, die Kurzbeschriftungen oder Schlagwörter auf den Aktendeckeln hingegen durch umfassendere Aktentitel ersetzt. Die ursprüngliche Ordnung konnte anhand dieser Angaben leider nicht wiederhergestellt werden. Dass eine Altregistratur existiert haben muss, legt jedoch das Vorhandensein von manuell fadengehefteten Akten nahe.
Aufgrund der drei Provenienzen (Weinbauverwaltung, Obstbaulehrwirtschaft Naumburg und Biologische Reichsanstalt, Zweigstelle Naumburg) handelt es sich um einen zusammengefassten Bestand, der jedoch wegen des geringen Umfangs nur nach Archivgutarten gegliedert wurde.
Die Akten waren im Rahmen der Umzugsvorbereitung der Abteilung Magdeburg im Jahr 2010 aus alten Ordnern, Heftern und Mappen herausgenommen worden. Diese Arbeiten wurden jetzt ggf. fortgesetzt, die Akten außerdem gereinigt, entmetallisiert, bei Bedarf in Jurismappen verpackt und foliiert. Aufgrund ihres schlechten Erhaltungszustandes mussten die überlieferten Bauzeichnungen und Karten zudem restauratorisch behandelt werden.
Zusatzinformationen:Fortsetzung Registraturbildnergeschichte:

Mit dem Ausbruch der Reblaus ab 1887 wurde das Weinbergareal an Saale und Unstrut zum ersten Reblausseuchengebiet in Deutschland erklärt. Der Schädling aber auch die allgemeine wirtschaftliche Lage führten zur Verringerung der Rebfläche von ehemals 850 ha auf ca. 100 ha bis zum Jahr 1919 und damit zum Niedergang des Weinbaus. Die von der Weinbauverwaltung in Naumburg ausgehende staatliche Betreuung zielte zum einen darauf ab, den Wiederaufbau des Weinbaus durch Abgabe von reblausfestem und in den eigenen Versuchsweinbergen geprüftem Pflanzenmaterial an die Winzer zu fördern. Die Pfropf- und Unterlagsreben kamen aus den Rebenveredelungsanstalten und Amerikanerschnittweingärten in Eulau (1925 angepachtet), Goseck und Lobitzsch (als Versuchsweinberg für amerikanische Reben 1897 eingerichtet, 1931 verkauft). Zum anderen betrieb die Weinbauverwaltung in ihren Ertrags- und Musterweinbergen (Versuchs- und Ertragsweinberg Schweigenberg bei Freyburg, staatlicher Besitz seit 1904 und 1926; Versuchs- und Ertragsweinberg Dechantenberg bei Goseck, Pachtland aus dem Besitz der Familie Graf von Zech-Burkersroda seit 1903; Schauweingut Saalhäuser bei Bad Kösen mit Weinkeller und verpachteter Gastwirtschaft, staatlicher Besitz seit 1926) selbst Weinanbau und trug so zur Wiederaufrebung bei. Für die sachgemäße Herstellung von guten Trinkweinen gab es die eigene Kellerei. Eine weitere Aufgabe war die Heranzucht und der Verkauf von Tafeltrauben für den Frischverzehr.

Neben der Weinbauverwaltung gehörte ein Aufsichtskommissar zur Überwachung der Bekämpfungsarbeiten gegen die Reblaus (später "Staatliche Reblausbekämpfung im Mitteldeutschen Weinbaubezirk") zum Geschäftsbereich des Oberpräsidenten der Provinz Sachsen. Zeitweise übte auch der Leiter der Weinbauverwaltung Erwin Wanner die Funktion des Aufsichtskommissars in Personalunion aus.

Die Erforschung und Bekämpfung der Reblaus und anderer Blattlausarten lag in den Händen der durch die Schließung der Reblausuntersuchungsstation in Ulmenweiler bei Metz im Jahr 1919 errichteten Zweigstelle Naumburg der Biologischen Reichsanstalt für Land- und Forstwirtschaft mit Sitz in Berlin-Dahlem. Darüber hinaus wurden dort reblauswiderstandsfähige Reben sowie blutlaus- und mehltauwiderstandsfähige Apfelbäume gezüchtet. Die Gebäude der von Dr. Carl Börner (1880-1953) geleiteten Einrichtung befanden sich ab 1922 in der Weißenfelser Str. 57a (ehemaliges Artilleriedepot). Börner erwarb sich große Verdienste bei der Einführung des Pfropfrebenbaus in Deutschland (1923) und entdeckte die gegen alle Reblausrassen resistente amerikanische Wildrebe "Vitis cinerea Arnold" (1935).

1952 wurde die Landesweinbauverwaltung aufgelöst und das Volkseigene Gut (VEG) Naumburg gegründet. Zu diesem gehörten die staatlichen Weinberge, die beiden Rebenveredelungsstationen in Naumburg und im Blütengrund bei Naumburg - letztere war 1949 errichtet worden - sowie die Kelterei auf dem Saalhäuser bei Bad Kösen.

Quellen:
C 20 I, Ib Nr. 2264 Bd. 1, 2; C 20 I, Ib Nr. 2300 Bd. 1; C 20 I, Ib Nr. 2306 Bd. 1, 2, 4;
C 20 I, Ib Nr. 2313 Bd. 1; C 20 I, Ib Nr. 2310 Bd. 1, 2; C 20 I, Ib Nr. 2295 Bd. 1
C 20 VII, Nr. 46, 75, 90, 108
C 101, Nr. 85
K 7, Nr. 620, 2264, 2266, 2267
Coburger, Dieter, Das Weinbergstagebuch des Adolph Thränhardt, Naumburg (Saale) 1995.
Geschäftsbericht der Landwirtschaftskammer für die Provinz Sachsen 1932. Halle (Saale) 1933.
Adreßbuch [der Stadt] Naumburg 1949/50, Teil III: Verwaltungsstellen (online)
www.geschichte-des-weines.de/

Korrespondierende Akten und Bestände:
C 20 I, Ib Nr. 2311 Bd. 1 (Abgleich Fotos)
C 48 IIIa, Nr. 12301
C 55 Naumburg, Nr. 53, 217
C 102, Nr. 477, 478, 614, 615, 626, 627, 628
C 110 Halle, Nr. 958, Bl. 301-312
H 68 Gutsarchiv Eulau; H 82 Gutsarchiv Goseck; H 265 Gutsarchiv Zscheiplitz
M 565 Institut für Züchtungsforschung Quedlinburg
 

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Related units of description:M 508 Naumburg VEG Weinbau Naumburg, 1929-1994 (Bestand)
 

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